Terroir-Wein – Was bedeutet das?
Bereits im Jahr 2009 war in der Zeitschrift Vinum zu lesen: «Heute dominieren technisch gemachte, genormte Weine den Markt. Sie wecken zunehmend die Sehnsucht nach ehrlichen, authentischen Weinen, nach kulturbeseelten Terroirweinen, entstanden im schöpferischen Zusammenspiel von Weinberg, Rebe, Klima und der Kunst des Winzers.» Heute gilt diese Aussage mehr denn je.
Aber was ist mit ‘Terroir’ eigentlich gemeint?»
Terroir meint im Französischen ‘Gegend’ und kommt vom Lateinischen ‘terra’, die Erde, gemeint ist der Erdboden, nicht die Erdkugel.
Welche Faktoren prägen das Terroir?
Der Begriff ‘Gegend’ umfasst mehr als nur den Boden. Er meint das gesamte Geflecht aus Bodenbeschaffenheit, Kleinklima und Gelände.
Zum Terroir gehören auch Anbaupraktiken
«Begreift man das Terroir als Zusammenspiel von Klima und Boden, ist der Begriff noch recht eindeutig. Wenn jetzt aber noch die Arbeit und Arbeitsweise des Winzers dazu kommen und die Auswahl der Rebsorten, ob der Rebberg zu Fuss oder mit Traktor bearbeitet wird, dann kommen wir schnell vom Terroir in Teufels Küche und der Begriff wird beliebig.» (Wolfgang Beiss) – Oder anders gesagt: Terroir ist kein eindeutig zu definierender Begriff.
Buschreben auf Kalksteinböden in Zypern (700 m ü. M.), Zambartas Winery
Der Boden bedeckt das Gestein, mal nur wenige Zentimeter dünn, mal mehrere Meter mächtig. Die Rebe nutzt den Boden zur Verankerung sowie als Nährstoff- und Wasserreservoir.
Im Boden lebt der für uns unsichtbare Teil der Rebe, die Wurzel, die häufig mehr Masse besitzt als der Rebstock selbst. Ausbau, Form und Grösse des Wurzelwerks hängen in jeder Lebensphase der Rebe vom Boden ab. Der Boden hat auch Einfluss auf, das für Rebwachstum und Traubenreife wichtige, Mikroklima.
Bodenarten und ihre Auswirkungen auf den Wein
Je nach Zusammensetzung können Böden Sonnenenergie in unterschiedlichem Masse aufnehmen, speichern und wieder an die bodennahe Luftschicht abgeben.
- Feuchte, schwere Böden (Löss, Lehm) benötigen viel Sonnenenergie, bis sie sich erwärmen, können diese aber auch lange speichern.
- Leichte, trocken Böden (Sand, Kies) dagegen erwärmen sich schnell, kühlen aber auch ebenso schnell wieder ab.
Der Boden liefert die Nährstoffe
Die mineralischen Bestandteile entstehen durch die Verwitterung der vorhandenen Gesteine. Sie sind von unterschiedlicher Grösse und chemischer Zusammensetzung.
Die wichtigsten Pflanzennährstoffe sind Kalium, Magnesium und Calcium, also Salze verschiedener Mineralien. Deshalb hat man manchmal, je nach Konzentration, mineral-salzige Noten auf Lippen und Zunge.
Terroir? – ein Fazit
Der französische Winzer Bruno Prats, Besitzer des Château Cos d’Estournel im Médoc fasst den Terroir-Begriff folgendermaßen zusammen: «Der ganz und gar französische Begriff Terroir erfasst alle natürlichen Voraussetzungen, die die Biologie des Weinstocks und demzufolge die Zusammensetzung der Traube selbst beeinflussen. Terroir ist das Zusammentreffen von Klima, Boden und Landschaft, das Zusammenwirken einer unendlichen Anzahl von Faktoren: Nacht- und Tages-Temperaturen, Niederschlags-Verteilung, Sonnenschein-Stunden, Hangneigung und Boden-Durchlässigkeit, nur um einige wenige zu nennen.»
Rebberge auf vulkanischen Böden (rund 1450 m ü. M.), Kyperounda Winery, Zypern
Das Terroir in Zypern – so vielfältig wie die Weine
Als die Insel Zypern vor rund 70 Mio. Jahren entstand, prallten zwei mächtigen Kontinentalplatten aufeinander und prägten die Topografie und die Gesteinsstruktur dieser Insel. Vor 25 Mio. Jahren war das knapp 2000 m hohe Troodos-Gebirge noch eine Meeresinsel und viele vulkanische Eruptionen, aber auch Beben sorgten für Ansammlungen unterschiedlicher Erdformationen und Gesteinstypen. Gerade die vielfältige Mineralität der Böden mit Ablagerungen von Kupfer, Chromit, Asbest, Eisenpyrit und in vielen Lagen von Eruptivgesteinen (Kissenlava) prägen massgeblich Typizität und Geschmack der Weine. Auch Sedimentgestein in Tälern und Canyons hat einen markanten Einfluss auf den Begriff Terroirwein.
So finden wir, besonders verbreitet im westlichen Teil der Weinlagen um und oberhalb Paphos, Kalk- stein sowie Ton- und Lehmböden, die besonders geeignet sind für die typischen Fruchtnoten der einheimischen Weissweinsorten. Weiter nach Osten und in die höheren Lagen von bis zu 1000 m ü. M. nimmt der Kiesanteil im Boden zu, der in flachen und mitteltiefen Böden sowohl für eine ausgezeichnete Durchlüftung und Drainage wie auch eine ideale Aromenbildung der Reben sorgt. Das gilt für die autochthonen Weiss- und Rotweine gleichermassen wie für internationale Rebsorten.
Und noch ein Stück gen Osten, im Koumandaria und Pitsilia, werden die Böden immer sandiger, kalkiger und leichter, was die Struktur aller Weine in Richtung weich und leicht verändert.
Einer der grossen Pioniere der zypriotischen Wein-Revolution, Sophocles Vlassides, schreibt zu ‘seinem’ Terroir in Kilani (rund 800 m ü. M.):
«Der Boden besteht aus sandigem Ton auf einem kalkhaltigen Grundgestein, der es den Pflanzen ermöglicht, ein ausreichendes Maß an Feuchtigkeit zu erhalten.
Diese Bodenarten sind ideal für geringe Erträge und gelten als hervorragend geeignet für den Anbau roter Rebsorten wie Shiraz, Merlot und die autochthone Yiannoudi.»
Troodos-Gebirge: das grüne Herz Zyperns und die Region der Rebberge
Das Troodos-Gebirge ist das am gründlichsten erforschte ophiolithische Bergmassiv der Welt. Ophiolith beschreibt eine Gruppe von magmatischen Gesteinen, die die ozeanische Kruste bilden. Der Troodos ist Teil eines sehr alten Abschnitts dieser ozeanischen Kruste, die durch die Kollision der afrikanischen und eurasischen tektonischen Platten und die Subduktion der ersteren unter die letztere in ihre heutige Position gehoben wurde. Der Troodos gilt als der am besten erforschte Ophiolith der Welt und ist seit 2015 ein UNESCO-Geopark. Der Troodos-Ophiolith ist oval, seine längere Achse hat eine NW-SE-Ausrichtung. Die Bergkette ist kuppelförmig mit dem Olymp als höchstem Punkt (1.952 m). In dieser Region liegen die kleinparzelligen Rebberge und die besten Kellereien Zyperns.
Rebberg in Petralona (1480 m ü. M.), Tsiakkas Winery, Zypern (Foto Claude Cruells)